Aktive Kontaktpflege ist kein „Nice-to-have“ sondern Schlüsselkompetenz

Ein Netzwerk ist wie ein Garten – wer es nur nutzt, wenn er etwas ernten will, wird auf Dauer nichts mehr vorfinden.

Ein erfolgreiches Chapter basiert nicht nur auf klaren Strukturen oder professionellen Präsentationen – es lebt von der Qualität der Beziehungen. Und diese entstehen nicht zufällig. Sie sind das Ergebnis kontinuierlicher, aktiver Kommunikation. Wer sichtbar bleibt, Rückmeldungen gibt und auf andere zugeht, wird nicht nur wahrgenommen, sondern auch als verlässlicher Partner erlebt.

Merke:

  1. Schweigen schafft Unsicherheit, lässt Raum für Interpretation.

  2. Aus Unsicherheit wird fast immer Distanz.

  3. Aus Distanz wird Abneigung.

Wenn einmal Abneigung etabliert ist, wird jede Interaktion schwerer. Denn wem ich misstraue, dem traue ich alles zu - aber nichts Gutes.

Es wirken hier drei große Phänomene

Phänomen 1: Jeder hält sich für den Maßstab

In Gesprächen mit Mitgliedern und Unternehmer:innen taucht immer wieder ein Missverständnis auf: „Ich habe doch nichts falsch gemacht.“ Doch viele vergessen dabei: Wahrnehmung ist subjektiv. Jeder Mensch sieht sich selbst als Maßstab. Das führt dazu, dass Verhalten – auch Schweigen – schnell als Aussage verstanden wird. Ein stilles „War eh nur ok“ kann für den anderen wie eine Zurückweisung wirken.

Gerade zurückhaltende Menschen werden dadurch schnell falsch eingeschätzt. Ein junger Mann, schüchtern und sozial vorsichtig, wurde in seiner Klasse plötzlich als „arrogant“ wahrgenommen. Warum? Weil er nicht aus sich herausgeht, Smalltalk meidet und sich zurückzieht – was von anderen als Desinteresse oder Herablassung interpretiert wurde.

Netzwerken lebt jedoch von Sichtbarkeit. Wer sich nicht zeigt, wird nicht gesehen. Wer sich nicht meldet, wird vergessen. Wer sich nicht bedankt, wirkt undankbar – auch wenn das nie so gemeint war.

Phänomen 2: Du kannst nicht nicht kommunizieren

Paul Watzlawick hat es auf den Punkt gebracht: Jede Handlung – auch das Unterlassen – ist Kommunikation. Wenn Du auf eine Empfehlung nicht reagierst, kein Feedback gibst oder nach einem Event keinen Kontakt mehr aufnimmst, kommunizierst Du trotzdem. Und zwar oft mehr, als Dir bewusst ist.

Ein praktisches Beispiel: Ein Mitglied erhält eine Empfehlung, bedankt sich aber nicht oder meldet sich nicht beim Empfehlungsgeber zurück. Der Empfehlungsgeber empfindet das als Desinteresse oder gar mangelnde Dankbarkeit – und gibt beim nächsten Mal vielleicht keine Empfehlung mehr.

In der Praxis bedeutet das: Auch wenn der Inhalt (z. B. die Empfehlung) sachlich nicht funktioniert hat, sollte die Kommunikation (z. B. ein kurzer Rückruf oder Dank) dennoch gepflegt werden. Beziehung schlägt Inhalt.

Phänomen 3: Kein Mensch setzt sich freiwillig ins Unrecht

Wenn etwas nicht funktioniert, suchen Menschen selten den Fehler bei sich. Das ist ein Schutzmechanismus. Statt zu fragen „Was hätte ich besser machen können?“ heißt es schnell: „Der andere war komisch.“ Oder: „Der ist arrogant.“

In Netzwerken kann das zu unnötigen Spannungen führen. Wer nicht aktiv auf andere zugeht, läuft Gefahr, missverstanden zu werden. Wer Feedback zu spät gibt, erweckt den Eindruck von Desinteresse. Wer nur reagiert, aber nicht initiiert, verpasst Chancen.

Deshalb gilt: Nähe schaffen, bevor Distanz entsteht. Denn Distanz braucht keinen Anlass – sie entsteht durch Nicht-Kommunikation.

Was heißt das konkret für uns?

  1. Kontaktpflege ist Führungsaufgabe – auch ohne Titel oder Funktion. Wer ein starkes Netzwerk will, muss aktiv auf andere zugehen. Nicht einmal, sondern regelmäßig.

  2. Telefon schlägt E-Mail. Emotion, Tonfall und Beziehung transportiert das gesprochene Wort besser.

  3. Timing zählt. Ein Rückruf 36 Stunden nach einem Event ist Beziehungspflege. Vier Wochen später ist es oft schon zu spät.

  4. Mehr Präsenz zeigt mehr Wertschätzung. Die Teilnahme an Meetings, Boost-Calls oder 1-2-1s ist nicht nur fachlich wichtig – sie ist ein Signal: „Du bist mir wichtig.“

Fazit: Nähe ist kein Zufall

Gerade in anspruchsvollen Zeiten zeigt sich, wer wirklich netzwerkt. Die meisten ziehen sich zurück, wenn es herausfordernd wird. Die Starken suchen Nähe. Wer das beherzigt, wird nicht nur mehr Empfehlungen erhalten, sondern auch als stabiler, verlässlicher Partner wahrgenommen – das Fundament für nachhaltigen unternehmerischen Erfolg.