Jetzt auch noch Akquise für BNI? Der häufige Denkfehler
“Dass ich für BNI jetzt auch noch Akquise machen soll, ist mir unverständlich!”
Diesen Satz hörte ich zum ersten Mal in meinem ersten Jahr bei BNI und zum letzten Mal am letzten Wochenende. Jedes Mal lässt er mich fast schon sprachlos zurück. Denn er zeigt viel auf und wenig erfreuliches. Betrachten wir das mal.
Ist BNI denn doof?
Wenn BNI rasch viele Mitglieder haben will, ist der garantiert falsche Weg, über Mitglieder weitere Mitglieder zu werben. Bis ein neues Mitglied so kompetent ist, um kompetent Mitgliedschaften “zu verkaufen”, vergehen Monate. Viel klüger wäre, ein Dutzend Profi-Verkäufer ans Telefon zu setzen und die 5 Tage zu 8 Stunden über Monate hinweg telefonieren zu lassen. Das wäre effizienter - und mittelfristig billiger. Warum macht BNI das nicht? Weil so keine starken Teams entstehen und das Geschäftsmodell von BNI ruht auf starken, lange andauernden Beziehungen und daran geknüpft, ebenso lange andauernden Mitgliedschaften. Eine schnell verkaufte und im ersten Jahr beendete Mitgliedschaft produziert enorm viel Aufwand und schwächt tatsächlich das Team.
BNI will lange, stabile Mitgliedschaften.
BNI will ja nur Geld verdienen!
Den Vorwurf fand ich witzig, er kam just von jemandem, der mir wenige Tage zuvor eine Rechnung für seine Arbeit schickte. Erstens: jeder von uns will Geld verdienen, das ist für sich ein merkwürdiger Vorwurf, gerade unter UnternehmerInnen.
Zweitens, WIE verdient BNI nachhaltig Geld? Wenn Mitglieder nachhaltig mehr Geschäft machen, als sie Aufwand haben. Da ist der Mitgliedsbeitrag EIN Teil davon, die investierte Zeit und das Frühstücksgeld sind weitere. In einem guten Team ist der Anteil der Mitgliedschaftsbeiträge am rückgemeldeten Umsatz unter 2%. In einem strauchelnden Team dagegen kann es auch 5% ausmachen. Eines wird jedem rasch klar, der sich die Zahlen wirklich ansieht: das Ziel von BNI ist hoher Empfehlungsumsatz für Mitglieder. Nicht als Sozialmaßnahme, sondern weil wir absichtlich unser Geschäftsmodell darauf ausrichten.
BNI will nur erfolgreich sein, wenn Mitglieder erfolgreich sind.
Ist BNI überhaupt ein Netzwerk?
Mit der provokanten Antwort auf diese Frage, habe ich mir wenige Freunde gemacht. Aber ich bleibe dabei: BNI ist kein Netzwerk. Dass jemand den Namen von BNI um drei Buchstaben gekürzt hat, ist eine unglückliche Entwicklung.
BNI sollte “Business NetworkING International” heißen.
Das ist keine triviale Unterscheidung. Treffen wir uns als Netzwerk? Dann ist unser Fokus auf die Personen im Raum gerichtet. Wie bei anderen Clubs (Rotary, Toastmasters, Sophomoren etc) geht es um die Anwesenden. Wir sind ein Businessnetzwerk, das heißt: Die im Raum sind dann unser Geschäftspotenzial, an die wird verkauft. Dass wir uns nicht so verstehen, dass BNI niemals so gedacht war, weiß jeder, der einen unserer Leitsätze “don’t sell to the room” gehört hat. Wir verkaufen eben nicht in den Raum. Weil wir die Menschen im Raum nicht als unser Netzwerk verstehen.
Wir treffen uns nicht “als Netzwerk” sondern “um zu netzwerken”. NetworkING ist ein Verb. Ein “Tunwort”, wie man in Volks- und Grundschule lernt. Da wird etwas getan. BNI ist weniger ein Netzwerk als dass wir vermitteln, wie man netzwerkt. Wir wollen, dass Du und Deine KollegInnen Gäste einladen, weil das ein Weg ist, das Sekundärnetzwerk zu pflegen. Denn dieses Sekundärnetzwerk ist die Quelle für Empfehlungen. Starke Teams haben ein starkes, aktives Sekundärnetzwerk. Deswegen suchen wir auch immer nach Wegen, wie wir dieses aktivieren, z.B. mit Besuchertagen, BNI-19 oder moderierten Netzwerkabenden.
BNI will Mitgliedern vermitteln WIE man netzwerkt.
Ein Absatz noch dazu: ich musste in meiner Zeit als ED bereits drei Chapter schließen. Jedes dieser drei hatte dasselbe Phänomen: rund um das Team war kaum jemanden bekannt, dass es sie gibt. Das Sekundärnetzwerk war minimal und kaum aktiv und Mitglieder luden nur mehr ein, “um Mitglied zu werden”, nicht “um starke Kontakte zu pflegen”. Wir müssen vom Start weg als Chapter daran arbeiten, eine starke Netzwerkumgebung zu haben, was ich eben Sekundärnetzwerk nenne. Die schafft den zentralen Wert für die Mitglieder.
Starke Mitgliedschaften sind nie steril
Eine starke Mitgliedschaft ist immer eingebettet in Beziehungen. Ich gründete einmal ein Team in einer 18.000 Einwohner-Umgebung, welches am Start intern kaum vernetzt war. Die Menschen kannten einander einfach nicht. Das erste Jahr(!) beschäftigte sich das Team nur mit dem Kennenlernen. Und verlor Mitglieder. Im zweiten Jahr begann die Sanierung, denn es waren schon nur noch 14 Personen.
Ein gutes Jahr später erklärte jemand in einer Stadt mit 2.700 Einwohnern, er hätte gerne ein eigenes Team, weil die Berufe seiner Kollegen im Nachbarchapter alle besetzt waren. Er hätte Platz gefunden, seine Kumpel nicht. Erste Vorbesprechung mit ihm und 5 anderen. Statement des Notars “wofür ich BNI brauche, weiß ich nicht, aber wenn mein Kumpel es sagt…” Erster Abend: 25 Gäste. Zweiter Abend 42 Menschen im Raum. Wir gründeten innerhalb von 12 Wochen mit 29 Mitgliedern und wuchsen auf 32-34. Das Team steht mit einer Verlängerungsquote von über 85% seit Jahren wie eine Eiche in der Landschaft.
BNI will Chapter mit starken Beziehungen - von Anfang an!
Es sind die Beziehungen!
Was habe ich gelernt? Chapter, die mit einem Netz an Beziehungen an den Start gehen, sind um Klassen stärker und leisten mehr Wert für die Mitglieder als Chapter mit vielen “unbekannten” Mitgliedern. Das bleibt so.
BNI fordert Mitglieder auf, Gäste einzuladen, weil wir so stärkere Chapter etablieren, die mehr Wert für die Mitglieder darstellen als hätten wir über ein Call-Center die Menschen zusammengetrommelt.
Das Mindset macht den Unterschied
Zu guter Letzt gibt es einen großen Konflikt der Mindsets. BNI ruht im Geist auf dem Mindset des Überschusses. Hier glauben wir, dass durch mehr Menschen auch mehr entsteht. Wir sind überzeugt, dass für alle genug da ist und in Kooperation mehr möglich ist als ohne sie.
Das Mindset der Knappheit steht dem dagegen: da gilt Wettbewerb, da geht es um das Verteilen knapper Güter, weil nie genug da ist, da ist Konkurrenz statt Kooperation: lieber mache ich noch diese eine Zusatzleistung, auch wenn ich damit Verlust mache, statt dass ich einen Kooperationspartner ins Boot hole, aus Angst, der könnte mich ausbooten.
In der Natur gilt die Kooperation, die Zusammenarbeit, die Symbiose verschiedener Organismen. In der heutigen Wirtschaft dagegen gilt viel häufiger (noch) die Konkurrenz, der Wettbewerb, die “Monokultur” des Arbeitens.