Der große BNI Irrtum: BNI ist kein Netzwerk

“Warum soll ich verlängern? Im letzten Jahr habe ich hier alle kennen gelernt und alle relevanten Unternehmer aus den Nachbarchaptern.”
”Ich bin jetzt 17 Monate bei BNI und meine Mitglieder geben mir kaum Empfehlungen”
”Hier im Chapter ist irgendwie niemand, der mir gute Empfehlungen geben kann. Sind ja nette Menschen, aber für mich bringt es wenig”


Bevor wir starten: das hier spiegelt - wie alle Artikel auf Networkingprofi - meine ganz persönliche Meinung und keine offizielle BNI Haltung dar. Es wird ED-KollegInnen geben, die das ganz anders sehen. Daher ist es in der Kategorie “Denkanstoß”.
Die Zitate oben sind alle Aussagen, die ich als Exekutivdirektor in der einen oder anderen Form immer wieder höre. Und sie ruhen auf dem am weitesten verbreiteten Irrtum über BNI, denn:

BNI ist kein Netzwerk

Dass jemand es mal “Business Network International” genannt hat, ist für den Irrtum durchaus zuträglich.

Denn wer zu BNI geht, in dem Glauben, mit einem Mitgliedsbeitrag erkauft man sich ein Netzwerk und die anderen im Chapter liefern dann brav Empfehlungen, der liegt falsch. Das weiß jeder, der “wer gibt, gewinnt” wenigstens buchstabieren kann. Genau diese Geisteshaltung des “ich habe gezahlt, ihr liefert” ist der Kernfehler, den ich immer wieder sehe.

Ich habe gezahlt, jetzt liefert doch mal

Wer so denkt, der hat keinen Grund, Gäste einzuladen.

Wer so denkt, glaubt oft auch, Gäste einzuladen ist der Verkauf von Mitgliedschaften.

Wer so denkt, versteht den Sinn von Besuchertagen, Netzwerkabenden anderen Veranstaltungen natürlich nicht.

Ja klar geht es darum, das Netzwerk zu erweitern und zwar beide Netzwerke: das Primärnetzwerk und das Sekundärnetzwerk aka die Netzwerkumgebung. Kurz gesagt: das Primärnetzwerk ist meist fast ausschließlich das Chapter selbst, da entstehen die primären, die wichtigen, die regelmäßigen Kontakte. Das Sekundärnetzwerk ist jenes, welches das Primäre umgibt, daher auch “Netzwerkumgebung”. Dazu zählen jene Menschen, zu denen wir Kontakt haben, lediglich seltener und weniger intensiv. Im Sekundärnetzwerk finden wir unsere Lieferanten, unregelmäßigen Geschäftspartner und auch unsere Empfehlungsquellen.

 
  • Sein Sekundärnetzwerk groß zu halten, ist für jeden strategisch denkenden Unternehmer zentral. Hier geht es darum, Kontakt zu halten, ohne dass ein konkreter Bedarf besteht - sonst ist es keine Kontaktpflege sondern eine Transaktion, die tatsächlich sogar die Kontaktqualität senken kann, aber das ist eine andere Geschichte.

    Große Unternehmen machen enorm viel, um das Sekundärnetzwerk zu pflegen. Gerade gestern wurde ich von einem kleinen, exklusiven Einrichtungshaus zu einem “Gartenabend” eingeladen. Der Betrieb hat einen Bestseller-Autor für einen Vortrag eingeladen, bietet nachher ein Buffet und Musik. Da gehen locker 11.000 EUR und mehr drauf. Allein die Anzeige in der Zeitung und der Postversand zur Ankündigung kosteten über 1.500,- und den Autor Ploberger bekommt man nicht unter 5.000,- zzgl. Spesen auf die Bühne. Das machen Firmen, um ihr Sekundärnetzwerk zu pflegen - wenn sie keine BNI Mitglieder sind. Denn BNI Mitglieder können ihr Chapter nutzen.

    Ein starkes Chapter macht vielleicht zwei, drei Besuchertage und ein, zwei weitere Veranstaltungen im Jahr - neben den wöchentlichen Meetings. Da kann jedes Mitglied sein Sekundärnetzwerk aktivieren, ohne teure “Kundenparties” veranstalten zu müssen. So bekommt auch das ganze Chapter mehr Kontaktmöglichkeiten.

Chapter, die weniger als 3 Veranstaltungen im Jahr machen, haben meist ein weit kleineres Sekundärnetzwerk als jene, die sich mit Veranstaltungen engagieren. Erst wenn Chapter sehr groß (50+) werden, ändert sich das, weil dann schlicht die Größe des Teams bereits sehr viel bewirkt. Aber auf die Größe kommt es da oft gar nicht an.

Die Größe ist sekundär, man muss wissen, was man macht

Inspirationen für professionelles Netzwerken

Netzwerken mit Methode

Das Hörbuch von Stefan Gössler

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33 plus 1 Kniffe, mit denen man sein Netzwerk noch stärker macht. Gepackt in 135 Audio-Minuten. Mit eigenem Arbeitsbuch für BNI Mitglieder.

Ein Chapter, mit 22 Mitgliedern, welches im Jahr 3 Besuchertage, 2 Netzwerkabende und eine Betriebsbesichtigung bei einem Mitglied macht, kann ein weit aktiveres Sekundärnetzwerk haben, als ein doppelt so großes Chapter, das gerade mal einen Besuchertag pro Jahr stemmt. Und das 22er Team wird so mehr Empfehlungen austauschen, womit die Mitgliedschaft im kleinen aber aktiven Team weit mehr wert sein kann als in der großen Schläfertruppe. Deswegen haben wir immer wieder kleine Teams, mit weit besseren Leistungszahlen.

Wer das verstanden hat, der beginnt BNI für sich auch als etwas anderes zu sehen: BNI ist eine Plattform, mit der ich meine Zielkontakte erreiche.

Eines meiner Mitglieder kam im Herbst 2022 zu mir und sagte “ich gehe auf keine Messen mehr, weil seit mein Chapter so aktiv ist, bekomme ich hier mehr relevante Kontakte als ich bei der letzten Herbstmesse bekam - und das um 20% der Kosten einer Messe.” Das ist, was ich meine, mit BNI kann eine Plattform für Zielkontakte sein.

Als professioneller Netzwerker, habe ich eine Liste an Zielkontakten. Das mögen meine Multiplikatoren sein, die mich bei Kunden ins Gespräch bringen, das mögen institutionelle EntscheiderInnen sein, z.B. Bürgermeister oder CEOs.

BNI als NetworkING Plattform

Wir hatten eine Abendveranstaltung mit strukturierten Gesprächen, also mehr als “als Netzwerken getarntes, betreutes Trinken”. Unser Architekt im Chapter bat mich, die beiden als Gast angemeldeten Bürgermeister an seinen Tisch zu bringen. Organisatorisch war das simpel. Doch für ihn war das ein enorm wichtiger Schritt. Denn er hatte so mit seinen wichtigsten Kontakten - Entscheidern in Gemeinden - gute Gespräche und die Chance, nachher Termine auszumachen. Das ist eine Chance, die er ohne dem Abend weit aufwändiger erarbeiten hätte müssen. Ein Finanzierungsexperte bekam mehrere ImmobilienexpertInnen an seinen Tisch - mit demselben Effekt: ruft er dort an, bekommt er kaum einen Termin, persönlich, als BNI-Experte einen Tisch moderierend, bekommt er bei JEDEM einen Termin.

Habe ich so ein aktives Chapter, habe ich jene Plattform, auf der ich mit meinen Zielpersonen in Kontakt treten kann. Das ist als würde man seine Suchaufträge mit Zielkunden auf Steroide setzen. Weil ich jetzt meine Zielkunden bzw. Zielkontakte direkt ins Chapter hole!

Es muss nicht immer ein eigener Event sein

Macht das Chapter eine Veranstaltung mit einem spannenden Thema, dann lade ich dazu meine Zielkontakte ein, bringe die zu mir an den Tisch und kann jetzt die Zeit zur Beziehungspflege nutzen. Das machen wir auch mit einer klassischen Hauptpräsentation im Chaptermeeting. Nur sollte dann die Einladung zum vertieften Netzwerken viel deutlicher sein und das Meeting sollte daher nicht mit der Schlussmoderation als “beendet” gelten.

Müssen es Besuchertage sein?

Hand aufs Herz: Besuchertage haben nicht überall den besten Ruf. Das liegt am häufigsten Denkfehler: statt Menschen einzuladen, um gute Kontakte zu pflegen, werden sie eingeladen, um Mitglied zu werden. Das ist zwar ein relevanter Aspekt von Besuchertagen, doch nicht der zentrale und man ändert die Stimmung des Besuchertags komplett, macht man daraus eine Verkaufsveranstaltung.

Besuchertage sind unser best-entwickeltes Format. Wir haben hier die meiste Erfahrung, die klarsten Strukturen in der Vorbereitung und wenn ein Chapter es richtig gut machen will, nimmt es an den OBT-Calls teil, bei denen sie schrittweise durch den Prozess geführt werden.

Bevor ein Team auch nur überlegt, Abende oder Betriebsbesichtigungen zu veranstalten, sollte es Routine in der Abwicklung von Besuchertagen haben. Denn was dort klappt, klappt dann auch bei den anderen Events. Andere Events zu machen, weil man die Besuchertage nicht im Griff hat, heißt nur: mehr schlechte Events zu erleben.

Was Events gut macht: die Zeit für Dialoge im Anschluss an die klassische Moderation. Wenn meine Zielkontakte nachher Mitglied werden - super, dann sehe ich die ab jetzt wöchentlich, was mir viel Zeit spart und bessere Beziehungen garantiert. Wenn die kein Mitglied werden, auch gut, dann bemühe ich mich um einen Termin bei dem Kontakt im Nachgang zur Veranstaltung.

Es ist ein weiterer Aspekt der BNI Mitgliedschaft

Damit wird BNI zu der Plattform mit der wir als KleinunternehmerInnen echtes Networking betreiben können. “Networking” also “netzerken” sind Verben, in der Grundschule nannten wir sie “Tunwörter”, weil man da was “tut”. Also “tun” wir doch was!

Denken wir BNI auch nur einen Hauch anders. Verabschieden wir uns von dem Irrtum, wir würden Gäste einladen, damit die Mitglied werden und finden wir 4-5 KollegInnen, die das auch erkennen. Dann wird der Wert unserer Mitgliedschaft in kurzer Zeit vervielfacht!


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